Seit der G8-Schulreform, bei der das Abitur nach acht und nicht nach neun Jahren Gymnasialschulzeit abgelegt wird, umfasst die Sekundarstufe II im deutschen Schulsystem die Klassenstufen 11 und 12 am Gymnasium. Bei denjenigen Bundesländern, die aufgrund der Kritik an G8 wieder zum Abitur nach neun Jahren zurückkehren, umfasst die Sekundarstufe II an Gymnasien die Klassenstufen 11 bis 13.
Was vermittelt wird
In der Sekundarstufe II festigen und intensivieren die Jugendlichen ihre inhaltlichen Kenntnisse und spezialisieren ihr Wissen auf dem Weg zur Allgemeinen Hochschulreife durch die Wahl von Leistungsfächern. Die Schülerinnen und Schüler können entweder in der regulären Gymnasiallaufbahn mit der erfolgreichen Versetzung in Klasse 11 in die Sekundarstufe II eintreten oder ihr qualifizierter Abschluss an der Real- oder Gesamtschule ermöglicht ihnen nach der zehnten Klasse den Zugang zum höheren Bildungsweg, der in einigen Bundesländern auch an Gesamtschulen angeboten wird.
Ausgerichtet am Kompetenzmodell das Finanzwissen vertiefen
Die Finanzbildung orientiert sich auch in den Klassenstufen 11 bis 12/13 am Kompetenzmodell. Dabei baut der Unterricht auf den Inhalten der Sekundarstufe I auf. Ökonomische und wirtschaftspolitische Themen werden vertieft. Darüber hinaus erschließen sich die Schülerinnen und Schüler neue Gebiete der Finanzbildung. Von inhaltlicher Seite stehen in der Sekundarstufe II zunehmend gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge und Verflechtungen finanzieller Vorgänge im Fokus. Von persönlichen Aspekten im Umgang mit Geld sowie der nationalen und regionalen Wirtschaft verschiebt sich der Blick nun stark hin zu den Grundzügen der Weltwirtschaft und der globalisierten Märkte. Darüber hinaus stehen auch Fragen zur (privaten) Altersvorsorge oder zum Thema Vermögensaufbau im Mittelpunkt. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Themen Berufsorientierung sowie Berufs- und Studienwahl, die als Teilelement der ökonomischen Bildung verstanden werden können.
Zum Ende der Sekundarstufe II und mit dem Erlangen der Allgemeinen Hochschulreife sollen die Schülerinnen und Schüler einen hohen Grad an Finanzkompetenz erreicht haben. Sie sind in der Lage, private Haushalte als Wirtschaftsfaktor in Relation zum gesamtwirtschaftlichen Geschehen einzuordnen und die Funktion von Unternehmen in der marktwirtschaftlichen Ordnung sowie ihre Rolle für das gesellschaftliche Leben zu beschreiben. Darüber hinaus analysieren und vergleichen sie Wirtschaftssysteme, erörtern die Funktion einer Wirtschaftsordnung und beschreiben Aufgaben des Staates in der marktwirtschaftlichen Ordnung. Ebenso wird in der Sekundarstufe II verstärkt die Kompetenz ausgebildet, internationale Wirtschaftszusammenhänge zu kennen und zu beschreiben und dabei Grundlagen der globalisierten Wirtschaft zu analysieren sowie Chancen und Risiken der Globalisierung zu erörtern.
Fächerbezug
Wie intensiv in den Bundesländern den einzelnen ökonomischen Inhalten auf den Grund gegangen wird, hängt unter anderem von der fachlich-inhaltlichen Ausrichtung der Gymnasien ab. In Deutschland unterscheidet man humanistische und neusprachliche Gymnasien (Schwerpunkt: alte und neue Sprachen), Schulen mit naturwissenschaftlich-technischem Inhaltsschwerpunkt, Sportgymnasien und Wirtschaftsgymnasien. An letzteren sind die Fächer Betriebswirtschaftslehre (BWL) oder Volkswirtschaftslehre (VWL) Leistungsfächer. Hier wird ökonomischen Inhalten mehr Unterrichtszeit eingeräumt als an den anderen Gymnasien.
Kernfächer für ökonomische Bildung in der Sekundarstufe II sind die Fächer Wirtschaft, Gemeinschaftskunde/Sozialkunde sowie Politik und Ethik. Baden-Württemberg führte mit dem Schuljahr 2016/2017 ab der Klassenstufe 7 an Werkrealschulen/Hauptschulen, Realschulen sowie Gemeinschaftsschulen und ab der Klassenstufe 8 an Gymnasien das Fach „Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung“ ein. Im Mittelpunkt des Unterrichts stehen Entscheidungen, die der Einzelne als mündiger Verbraucher, Konsument, Sparer oder Kreditnehmer sowie als potenzieller zukünftiger Arbeitnehmer, Arbeitgeber oder Unternehmensgründer zu treffen hat.
Aktuelle Entwicklungen
Einige Bundesländer haben das „klassische“ Grund- und Leistungskurssystem der Sekundarstufe II durch ein System von drei bis sechs vierstündigen Fächern auf erhöhtem Anforderungsniveau abgelöst. Dabei werden die Fächer Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen in der Regel nur auf erhöhtem Anspruchsniveau unterrichtet und sind als Kernfächern verpflichtend.
Damit verbunden ist die Tendenz, dass verbindlichere Festlegungen hinsichtlich der Abiturprüfungsfächer getroffen werden. So ist bereits in zahlreichen Bundesländern eine Prüfung in den Fächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen vorgeschrieben. Mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz gilt darüber hinaus in allen Bundesländern das Zentralabitur. Zusätzlich haben sich einige Bundesländer in zentralen Fächern auf ein länderübergreifendes Abitur verständigt. Die gemeinsamen standardbasierten Prüfungsaufgaben beziehungsweise Aufgabenteile können dabei aus gemeinsam entwickelten Abituraufgabenpool ausgewählt werden.