Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kommt zu dem Ergebnis, dass die Einkommenserwartungen bei Abiturientinnen eher niedrig sind: Die jungen Frauen gehen davon aus, dass sie mit 35 Jahren im Vollzeitjob weniger verdienen werden als Männer.
Selbst mit einem Hochschulabschluss, so vermuten Abiturientinnen, werden sie später ein um etwa 16 Prozent niedrigeres monatliches Nettoeinkommen haben als gleichaltrige Männer. Bei einem Job mit Berufsausbildung gehen die Befragten mit 13 Prozent von einem etwas geringeren Unterschied aus. Bei einem Vollzeitjob mit Hochschulstudium erwarten Frauen im Durchschnitt ein monatliches Nettogehalt von 3.153 Euro. Männer hingegen rechnen mit durchschnittlich 3.740 Euro. Grund für die Differenz ist der Studie zufolge die Vermutung, dass Frauen aufgrund familiärer Verpflichtungen mit weniger Einkommen rechnen müssen. Obwohl sich Männer gleichermaßen ausreichend Zeit für die Familie wünschen, erwarten sie allerdings nicht, dass sie deshalb Einbußen bei ihrem Erwerbseinkommen haben werden.
DIW-Ökonom Andreas Leibing sieht die Einschätzung der jungen Frauen problematisch: „Wenn Frauen beispielsweise mit geringen Erwartungen in Gehaltsverhandlungen gehen, bekommen sie womöglich tatsächlich ein niedrigeres Gehalt. Zudem können Einkommenserwartungen mit darüber entscheiden, ob sich junge Menschen nach dem Abitur überhaupt für ein Studium einschreiben. Über solche Kanäle trägt der Gender Gap bei den Einkommenserwartungen zum tatsächlichen Gender Pay Gap bei.“ Um diesen effektiv zu reduzieren, müsse die Politik die Einkommenserwartungen junger Menschen viel stärker in den Fokus nehmen, fordert die Forschergruppe um den DIW-Ökonomen Leibing.
In den Schulen müsse rechtzeitig darüber informiert werden, wie sich im späteren Arbeitsleben Familien- und Erwerbsarbeit ohne große Einkommensabschläge vereinbaren lassen. Prinzipiell sei es aber notwendig, die Vereinbarkeit und Familie und Beruf nachdrücklich zu verbessern. Dazu gehöre es auch Anreize zu schaffen, um die Familienarbeit gleichmäßiger aufzuteilen und die Kinderbetreuung mit ganztägigen Angeboten stärker auszubauen. Darüber hinaus seien auch Frauen in Führungspositionen als Vorbild für junge Frauen wichtig. Sie könnten zeigen, dass Karriere und Familie zusammengehen, ohne Abstriche beim Einkommen machen zu müssen.
Bericht zur DIW-Studie (Download PDF)